Positionspapier zur aktuellen Situation im Bildungsbreich im Bundesland Bremen

Verband Sonderpädagogik e.V. – Landesverband Bremen

Da der Verband Sonderpädagogik – Landesverband Bremen e.V. (vds) stets die innovativen Entwicklungen im Bildungsbereich konstruktiv-kritisch unterstützt und fachlich begleitet hat, ist dieses Positionspapier als Impuls für notwendige Schritte im Bildungsbereich zu verstehen.

Das Bundesland Bremen hat sich im Zuge der Ratifizierung der UN-BRK mit der Schulgesetznovelle 2009 ein im Ländervergleich fortschrittliches Inklusionsverständnis implementiert und dies durch maßgebliche Umstrukturierungen in der Schullandschaft realisiert.

Politisches Ziel war es, Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe für alle Schüler:innen in einer diversen Gesellschaft zu sichern und auszubauen.

Jedoch sehen wir als vds-Landesverband Bremen e.V. mit großer und wachsender Sorge die erheblichen Defizite in der Umsetzung dieser Ziele. Trotz der gesetzlichen Fortschritte stellen wir als Verband zur Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlichen gravierende Missstände fest, die den angestrebten Zielen zuwiderlaufen. In den letzten 15 Jahren der bremischen Inklusionsarbeit ist es nicht gelungen, maßgeblich Bildungsgerechtigkeit zu realisieren.

Dies zeigt sich nicht zuletzt in den zahlreichen Ergebnissen ländervergleichenden Studien z.B.

  • − IQB Bildungstrend 2022 (vgl. https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2022/Bericht/)
  • − Primo Tests 2024, 50% Sprachförderbedarf bei Schulanfänger:innen (vgl. 17.04.2024 Bericht im WK, 09.04.2024 Bericht in „buten un binnen“)
  • − bundesweit höchste Schulabbrecherquote von über 10 %. (vgl. INSM Bildungsmonitor 2024)

Derzeitige Defizite sind offensichtlich. Dazu zählen u.a.:

  • − Der eklatante Personal- und Fachkräftemangel u.a. im Bereich der Sonder- und Inklusionspädagogik, der Schulen in besonders herausfordernden Regionen in nicht zu akzeptierende Notsituationen bringt.
  • − Der gravierende Mangel an Schulbegleitungen und Assistenzen.
  • − Massiv steigende Beratungsbedarfe der Schulen können von den Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) und den Mobilen Diensten nicht gedeckt werden.
  • − Die Klassenfrequenzen steigen und gleichzeitig werden wichtige Koalitionsvereinbarungen nicht eingehalten, z.B. indem dringend notwendige Doppelbesetzung in Grundschulen nicht realisiert wurden.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass laut aktueller Umfrage 78 % der Bremer Bevölkerung mit der derzeitigen Situation im Bildungsbereich im Bundesland Bremen unzufrieden sind.

Die sozio-kulturellen und sozio-ökonomischen Herausforderungen im Bundesland Bremen, die sich u.a. in der bundesweit höchsten Armutsquote von 29,1% widerspiegeln (vgl. Armut und Inflation, Paritätischer Armutsbericht 2024) erfordern in besonderer Weise Anstrengungen in den Bereichen Bildung, Soziales, Gesundheit, Finanzen.

Bremen darf sich weitere Negativschlagzeilen aus vielerlei Gründen nicht leisten. Bremen kann weiterhin nur als relevanter Wirtschaftsstandort wahrgenommen werden und zukunftsweisend existieren, wenn durch ein entsprechend funktionierendes, qualitativ hochwertiges ausgestattetes Bildungs- Kitasystem für Erwerbstätige aller Bereiche attraktiv bleibt.

Die aktuelle Situation duldet keinen weiteren Aufschub. Die Auswirkungen der bestehenden Miss-stände auf die gesellschaftliche Entwicklung in Bremen sind bereits massiv und werden sich weiter verstärken, wenn nicht umgehend gehandelt wird. Die Verantwortung liegt klar im strategischen politischen Handeln.

Der vds Landesverband e.V. fordert daher den Bremer Senat und alle politischen Verantwortlichen dazu auf, Bremer Kinder und Jugendlichen wieder bzw. unabdingbar in den Fokus zu nehmen. Bildung als zentralem Zukunftsbaustein muss absolute Priorität eingeräumt werden, um vor einem drohenden Kollaps im Bildungssystem zu bewahren.

Dazu ist es notwendig,

  • − die Bildungsausgaben pro Schüler:innen ab sofort zu erhöhen (z.B. über ein Sondervermögen Bildung), um sich den erforderlichen Standards der anderen Stadtstaaten Hamburg und Berlin dringend anpassen,
  • − transparent zu kommunizieren, wie der Bremer Senat dem jetzigen und bevorstehenden deutlichen Anstieg der Schüler:innen-Zahlen konzeptionell und finanziell begegnen wird,
  • − die Verantwortlichkeit strukturell und effizient zu bündeln, so dass Soziales, Gesundheit, Kinder und Bildung von Kindern sowie Jugendlichen in einem Ressort organisiert werden.

Als Konsequenz für ein zielführendes und verantwortungsvolles Handeln wird Folgendes vom vds favorisiert:

Wir vom vds Landesverband e.V. wünschen die sofortige Einrichtung eines „Runden Tisches“ zum Thema „Stärkung der Bremer Bildung“ unter Beteiligung des Bremer Bürgermeisters, der Leitungen der Ressorts Finanzen, Gesundheit, Soziales und Bildung, der jeweils Verantwortlichen in der Bremer Senatskanzlei, und der bildungspolitischen Sprecher:innen der Parteien. Erste Ergebnisse dieses „Runden Tisches“ sollten spätestens im Frühjahr 2025 (Ende März) der Bürgerschaft zur Abstimmung vorliegen.

Als Fachverband bieten wir Ihnen für alle Bemühungen unsere Unterstützung an und stehen für den fachlichen Austausch und Beratung zur Verfügung.

  • gez. Michael Evers
    • 1. Vorsitzender
  • gez. Sibylle Roehr
    • 2. Vorsitzende
www.vds-bremen.de