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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser!
Inklusive Bildung oder Förderschule? Welches ist der geeignete Förderort? Wenn Sie an Ihre Schülerinnen und Schüler denken, zu welcher Entscheidung neigen Sie? Gibt es Situationen in der Förderschule, wo Sie denken „Vielleicht wäre für Schülerin X oder Schüler Y eine leistungsmäßig sehr heterogene Klasse mit Peers ohne Unterstützungsbedarfe förderlich in der Lernentwicklung, bei Entwicklungsaufgaben?“ Oder gibt es Momente an Ihrer Allgemeinen Schule (Grundschule, Gesamtschule etc.) in denen Sie denken: „Manchmal wären die kleinere Lerngruppe an der Förderschule bzw. die dortigen Rahmenbedingungen geeigneter.“ Oder die Frage stellt sich: „Sind die Anforderungen und Erwartungen der Fachlehrkräfte an die Schülerinnen und Schüler zu hoch?“
Auf diese Fragen gibt es sicher keine allgemein gültigen Antworten. Doch in der Praxis sind Fragen, Skepsis und Zweifel berechtigt, denn sie führen zur Reflexion des eigenen Handelns. Bezüglich des Schwerpunkts Lernen zeigen Befunde einiger Studien auf, dass Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an Unterstützung im Lernen eher vom Unterricht in Allgemeinen Schulen profitieren. Aber für den sonderpädagogischen Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung sind die Ergebnisse der Studien, die verschiedene Settings vergleichen, weniger eindeutig.
Eines lässt sich wohl sicher sagen: Qualitativ hochwertiger Unterricht, Teilhabe und soziale Integration hängen in hohem Maße von der Lehrkraft mit ihrem Wissen, von ihren Handlungskompetenzen und von ihren Einstellungen zum inklusivem Unterricht und vor allem der Haltung gegenüber den Schülerinnen und Schülern und deren individuellen Bedürfnissen ab.
Diese Aspekte stehen in zwei Beiträgen dieser Ausgabe im Mittelpunkt. Einerseits wird die Frage gestellt, über welche Kompetenzen Lehrkräfte in der beruflichen Bildung verfügen, um den Bedürfnissen aller Jugendlichen und jungen Erwachsenen in ihrer Heterogenität in inklusiven Berufsschulen gerecht zu werden. In einem zweiten Beitrag werden spezifisch das Wissen und die Einstellung angehender Lehrkräfte gegenüber Kindern und Jugendlichen mit Epilepsie betrachtet. Immer gilt: Mangelndes Wissen und Unsicherheit beeinflussen nicht nur die Einstellung gegenüber den Schülerinnen und Schülern, sondern können auch Ausschluss nach sich ziehen: Sei es in Bezug auf Klassenfahrten oder den Sportunterricht, den sich Lehrpersonen im Hinblick auf bestimmte Beeinträchtigungen nicht zutrauen oder es sind ganz alltägliche Unterrichtssituationen, wie sie beispielhaft für den Mathematik- und den Sportunterricht anhand von Unterrichtsinteraktionen in einem weiteren Beitrag dargestellt werden.
Der praktische Beitrag zur Basalen Stimulation geht aus einer Masterarbeit hervor. Mit der Veröffentlichung wollen wir die Arbeit jüngerer Kolleginnen und Kollegen wertschätzen und andere zum Schreiben ermutigen und anregen. Vielleicht mögen Sie sich bei der Lektüre dieser Ausgabe ganz unabhängig, ob Sie in der inklusiven Bildung oder in einer Förderschule tätig sind, fragen: Wo blockiere ich mich möglicherweise ungewollt selbst mit meiner Haltung zu Unterricht oder in der Art und Weise der Gestaltung meines Unterrichts? Ebenso wichtig: Wo ist der Ort und wer sind die Personen, mit denen ich diese Themen austauschen kann?
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen zahlreiche Anregungen, nicht nur für die eigene Reflexion, für kollegiale Gespräche, sondern auch für fachliche Ideen, Ihren Unterricht zu gestalten.
Prof. Dr. Conny Melzer und Dr. Peter Wachtel
Bericht zum Bundesfachkongress: Sekundarstufe I und II – Übergänge inklusiv – Schnittstellen verletzungsfrei gestalten
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